Gehen wir historisch in der Zeit zurück, so kann grob gesagt werden, dass im Mittelalter, bzw. laut ernstzunehmender Burgenforscher eher schon mindestens 1000 Jahre früher, die Menschen in Burgen lebten, die hoch oben auf Bergen oder an hervorstehenden Felsanhöhen gegründet wurden, von denen heute meist nur noch Ruinen oder Umrisse der Burgbefestigung zu sehen sind oder manchmal gar nur noch die Überlieferung alter Sagen auf die frühere Existenz von Burgen an bestimmten Orten hinweisen.
In der heutigen Zeit lebt der Großteil der Menschen im Flachland, also in den Talebenen, wo auch optimale Bedingungen vorherrschen, um Ackerbau zu betreiben und wo über ein gut ausgebautes Verkehrsnetz an Land und zu Wasser gute Handels- und Fortbewegungsmöglichkeiten bestehen.
Weiterhin sind in der heutigen Zeit klimatische Wetterveränderungen in unserer Region – aber auch weltweit gesehen – vergleichbar mild und von geringem Ausmaß, auch wenn die hiesige Politik hier anderweitige Auffassungen in die Köpfe der Menschen zu bringen versucht. In früheren Jahrhunderten bzw. Jahrtausenden gab es immer wieder plötzliche, extreme Wetterveränderungen, sei es z.B. das Magdalenenhochwasser 1342, wo an vielen Flüssen die höchsten jemals registrierten Wasserstände erreicht wurden, die mittelalterliche Wärmeperiode, wo nördlich bis England sogar Wein angebaut werden konnte, oder auch Kälteperioden, die zu Vergletscherung der Alpen und des Alpenvorlandes führten. Die jährlichen Überschwemmungen, vorwiegend zu Winterbeginn, dürfen wohl auch nicht unterschätzt werden, da Staudämme im großen Stil erst im 18. bzw. 19. Jhd. errichtet wurden. Auf den Punkt gebracht: Das Wetter und die Naturgewalten waren vergleichbar herausfordernd.
Bevor ich im weiteren Textverlauf aus Sicht einer symbolischen, biblischen Betrachtungsweise heraus auf die Lebens- und Wohnbedingungen der Menschen in Gegenüberstellung von „früher“ und „heute“ eingehe, fasse ich nochmals etwas verallgemeinernd zusammen:
Im Mittelalter und noch zeitlich zuvor waren die Wetterbedingung mehr herausfordernd, also extremer, und die Menschen lebten – möglicherweise zum Schutz davor und auch aus anderen Gründen – in Burgen auf denen sie umgebenden Bergen.
Im Gegensatz dazu leben die Menschen heute zum größten Teil in den Städten und Gemeinden in den Talebenen bzw. im Flachland.
In der Überlieferung ist zu lesen, dass Israel, das für das geistig-seelische im Menschen steht, nicht weit von G-tt entfernt ist, somit G-tt sehr nahesteht. Mit Israel lässt sich anfangs weniger reden, weil es die Konkretheit unserer diesseitigen Welt, die vergleichsweise weit vom göttlichen entfernt ist, nicht begreifen kann. Das sei nicht schlecht, heißt es, es ist eben sein Charakter. Israel steht dem Heiligen, auch die Welt der ,olam aziluth‘ oder die Abschattung G-ttes genannt, näher als unserer diesseitigen Welt des sechsten und siebten Tages, der Welt des ,afar‘, 70-80-200, dem vierten Element ‚Erde‘, übersetzt mit ‚Stoff‘, ‚Staub‘ und ‚Materie‘ – also unserer gewöhnlichen Realität.
Doch die Materie, diese Welt, die Umhüllung, birgt ein Geheimnis. Die Materie als Extrem gesehen birgt das Wunder: In ihr steckt das andere Extrem, das Heilige. Das Heilige (auch im Menschen), hat sich gegenüber die Welt des ,afar‘, unsere scheinbar belanglose Welt. Doch gerade diese ist Ausdruck des Heiligen! Israel ist also etwas Wichtiges!
Und es folgt ein zentraler Punkt: In dem Maß, wie der sechste und siebte Tag wächst und da ist – also die Welt ihren zeitlichen Lauf über die Jahrhunderte nimmt (aber auch unser Körper im Erdenleben hier sich entwickelt und unser Leben in dieser Welt in der Zeit voranschreitet) – in dem Maß ist auch das Andere, das Heilige da! Und in der Erscheinung dieser Welt ist die Heiligkeit G-ttes zu sehen, jedoch ist Israel vom Menschen aus gesehen zu nahe an G-tt und deswegen das Heilige nicht bei Israel.
In welcher Verbindung steht dies alles nun zur anfänglichen, historischen Betrachtung der Menschen über den Verlauf der Zeit hinweg?
Israel steht G-tt sehr nahe, heißt es, deswegen lässt es sich schwer bekehren. D.h. die Menschen hatten „früher“ nicht diesen bewussten inneren Zugang zu Israel, zu ihrem Geistig-Seelischen. Und trotzdem lebten sie in der äußeren Welt in Burgen oben auf den Bergen, noch sehr „nah“ bei G-tt. Im Innen des Menschen war vielleicht kein bewusster Zugang vorhanden bzw. noch nicht möglich, jedoch drückte sich das Geistige dennoch direkt in der Form, in der Materie, in der Welt des ,afar‘ aus. Auch die angesprochenen extremeren Wetterbedingungen sind materieller Ausdruck von sehr rohen, archetypischer Energien des anfänglich noch sehr chaotischen Urgrundes.
Im Verlauf der Weltzeit – d.h. der sechste und siebte Tag wächst und damit auch das Andere, das Heilige – stieg der Mensch bildlich gesprochen vom Berg herab, staute die Flüsse (das Austrocknen und Stauen des Wassers kann symbolisch als Zunahme der Entwicklungskräfte in der Zeit gesehen werden) und konnte im Tal wohnen. Die Wetterextreme nahmen ab. Der Mensch wohnt jetzt „tiefer“ in der Welt des ,afar‘, weiter weg vom Himmel, tiefer in der Materie. Dafür wird in seinem Inneren im Gegensatz dazu Israel immer leichter bekehrt – der Mensch findet immer mehr den Zugang zu seinem geistig-seelischen Anteil in seinen höheren Welten.
Je weiter die Schöpfung voranschreitet und immer mehr vom Geistigen ins Stoffliche übergeht, immer mehr Form annimmt und in die Vielheit der Entwicklung geht, desto näher rückt der Zeitpunkt der Offenbarung. Der Erlöser kommt doch im 4. Exil, im Exil Roms, dort, wo der Mensch am weitesten vom Ursprung entfernt ist, in der ,olam assia‘, gerade hier in unserer sichtbaren, materiellen Welt.