Der Sinn der Schöpfung als Erfahrung göttlicher Liebe

Im Buch „Die Astrologie in der jüdischen Mystik“ schreibt Friedrich Weinreb über den Sinn der Schöpfung inEntscheidungen Bezug auf die göttliche Liebe:

So berichtet die Überlieferung, dass Abraham und Isaak sich vollkommen gleichen, dass man sie nicht voneinander unterscheiden kann. Da bittet Abraham um ein anderes Aussehen. So kam das Altern in die Welt, damit der Vater vom Sohn unterschieden werden kann.
In der Kabbala heißt der Vater auch der „heilige Alte“, aramäisch „atika kadischa“, und der Sohn „seer anpin“, was man mit „Kleingesichtiger“ übersetzen könnte. Diese beiden stehen sich gegenüber wie Gott und Mensch einander gegenüberstehen und eigentlich nicht voneinander zu unterscheiden sind. – Ist zum Beispiel ein Mensch am Ertrinken, musst du ihn retten; natürlich könntest du sagen: Gottes Allmacht wird ihn retten. Du aber bist jetzt Gottes Allmacht, du musst handeln.
Wer aber handelt eigentlich? Die Allmacht. Das aber bist du, denn tatsächlich steht es ja auch in deiner Macht, ihn ertrinken zu lassen. Du spürst plötzlich, dass du mit deiner Entscheidung allein stehst. Du könntest auch sagen: „Ich bete für ihn“, und nach Hause gehen. Das wäre dann ganz leicht für dich. Es verhält sich aber so: Du bist verantwortlich, kein anderer ist jetzt da als nur du. Da mag sich der Mensch dann fragen: Bin ich so wichtig? Was bin ich schon? Was kann auf mich gebaut werden? – Und doch ist es entscheidend, was dieser Mensch im nächsten Augenblick tun wird.
Ein Teil der Engel sagt vor der Schöpfung: „Dieser Mensch? Nein! Das würde eine Katastrophe bedeuten. Der Mensch wird nicht imstande sein, die Liebe, die ihn zum Erscheinen in der Welt unten bringt, zu verstehen. Er wird es nicht können, er wird nur sich selber sehen und damit sein Gegenüber, Gott also, angreifen und verleugnen.“ Dieses Gefühl, dass der Mensch es nicht kann, bedeutet aber auch ein Nicht-gönnen, einen Neid. Warum sollte etwas, das aus Liebe entsteht, etwas nicht können? Gibt ihm doch eine Chance. Diese Engel, Boten Gottes, zeigen auch das Zögern bei Gott, denselben Gedanken: Wird die Liebe auch verstanden werden? Denn Liebe enthält die vollkommene Freiheit des Geliebten und des Liebenden. Freiheit also auch zu Hass, zu Neid, zu Ablehnung.
Diese Engel kommen aus der Freiheit des Bösen hervor. Sie wollen das Geboren-werden des Menschen verhindern. Der Kampf hat seine Entsprechung in den Geburtsschmerzen.

Friedrich Weinreb, Die Astrologie in der jüdischen Mystik

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